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Auf einmal war da so viel Zeit

von Pumuckel


Ade HB und Vanelle……

Ihr glaubt nicht, wie lange wir uns immer wieder mit dem Thema: “Ich will mit dem Rauchen aufhören“ auseinander gesetzt haben. Mit uns meine ich meinen Ehemann Jürgen und mich. Andere Raucher, die es geschafft haben, wurden von uns bewundert und ausgequetscht, wie eine Zitrone.
“Wie habt ihr es geschafft, wie war der Entzug, ward ihr zueinander sehr gehässig?“
Klar, die Aggressionen durch den Entzug sind wohl bei jedem anders. Und so wirklich glaube ich es nicht, wenn mir ein EX - Raucher sagt: “Ach ne, bei mir war gar nichts von alledem vorhanden.“
Ha, aber moppelig, dass sind sie durch die Bank weg alle geworden. Werden wir es auch? Haben wir die Fresserei im Griff? Die Vorsätze sind da. Die Ernährung umstellen, mehr bewegen, summasomarum, uns nur wirklich Gutes und Gesundes zuführen. Claro, noch qualmen wir und durch das verqualmte Hirn schwirren so manche Gedanken.
Es ist schon heftig, die Gedanken, die mir immer und immer wieder so durch den Kopf gehen und das nicht erst seit gestern. Stellt euch doch bitte einmal vor, wie ich Jürgen deswegen anmache, ihn anmeckere: “Rauch nicht so viel!“. Es ist mein eigener Frust, dass ich Geisel des Tabaks bin und nicht davon los komme. Er raucht ja mehr als ich, oft eine nach der anderen. Dabei spielt es doch keine Rolle, ob viel oder wenig, weil es einfach relativ ist. Fest steht -und da sind wir uns einig- jede Zigarette ist zuviel und schädlich.

Gestern war unser großer Tag. Wir hatten den 19.10.2007 und nahmen eine Autofahrt von fast 300 km auf uns. Um von der Sucht los zu kommen, ist uns eben kein Weg zu weit. Wir fuhren zu Frau Plümer–Rieke nach Rhauderfehn/Burlage. Sie ist Heilpraktikerin und hat schon vielen Rauchern bei der Entwöhnung geholfen. Die Adresse bekamen wir im Sommer von Tine und Rico aus Hasselberg, sie hatten es geschafft. Doch Ersatz hatten sie auch gesucht und alles Leckere in sich hinein gestopft. Kein Schokoriegel war vor ihnen sicher. Gedanken haben Jürgen und ich uns auch gemacht, wir kannten sie ja mit einer besseren Figur. Wie kann es sein, dass die Menschen sich so gehen lassen und nicht auf ihre Figur achten? Nun kennen wir den Grund, finden es aber selbstverständlich nicht gut. Das wollen wir ja anders machen! Ob die Zwei das damals auch gedacht haben?
Also, bleibe ich lieber einmal bei heute. Wir sitzen uns gemütlich am Küchentisch gegenüber, die Zigarette in der einen, den Kaffeebecher in der anderen Hand und nebeln uns mit Genuss gegenseitig ein. Es sollen ja wirklich die letzten sein, also weg damit, was das Zeug hält. Aber ich schaffe es nicht alle aufzuqualmen, zögere dann, ob ich sie sicherheitshalber noch in die Handtasche packe. Der Weg nach Ostfriesland ist ja irre weit und Pinkelpause müssen wir meinetwegen immer machen. Da können wir dann doch noch mal schnell eine durchziehen, oder?! Aber mein Jürgen wirft tapfer den letzten Tabak - er dreht die Zigaretten aus Kostengründen seit langem selber - in den Mülleimer. Wir sind beide sehr aufgeregt und freuen uns, als wir endlich losfahren. 8.00 Uhr machen wir uns auf den Weg. Vorher bin ich noch auf die Waage gegangen, ich will ja nicht moppelig werden. Zurzeit wiege ich 59 Kilo, das ist bei 175 cm gut. Auch Jürgen scheuche ich noch rauf, wir müssen ja unser Gewicht im Auge behalten und da ist das Anfangsgewicht vor der Raucherentwöhnung eben wichtig. Nun schauen wir Zwei gespannt drauf. Mein Süßer wiegt 89 Kilo bei 186 cm und es ist kein Übergewicht vorhanden. Na, vielleicht ein wenig.

Nach einer langen Autofahrt, mit einigen Pausen und einem Umweg trotz Navi-Gerät, kommen wir dann doch mehr als pünktlich an. Vor der Praxis stehen ein paar Leute. Ob die aus demselben Grund wie wir gekommen sind? Einige rauchen, erzählen und lachen. Ich frage dann, ob sie auch zur Raucherentwöhnung gekommen sind? Mit einem herzhaften Lachen, wurde es bejaht. Bei manch einem kann ich es sehen, oder warum sonst haben die, wie wir, so viel Selter mit auf den Weg genommen? Jürgen und ich stellen wieder einmal fest, dass Raucher ein lustiges Völkchen für sich sind. Die Wartezeit wird verkürzt, wir lachen und scherzen. Irgendwie sind wir aber mehr als stolz auf uns, weil wir seit 8.00 Uhr keine Zigarette mehr geraucht haben. Ich erwähne es und glatt sagt der eine Raucher zu mir “Das macht ja nichts.“ und hält mir die Zigarettenschachtel hin. Meine Augen strahlen diese Glimmstängel an, die Hand macht schon eine Bewegung in Richtung Schachtel. Hm, wie fein das jetzt wäre. Aber ich bleibe hart wie Pudding in der Kurve, bedanke mich brav und verzichte schweren Herzens.

Wir werden in kleine Grüppchen von sechs bis sieben Personen aufgeteilt. Endlich kommen wir an die Reihe. Frau Plümer erklärt uns, dass sie uns den Suchtdruck nehmen kann, aber die Entzugserscheinungen trotzdem auftreten werden. Wir sollen sehr viel trinken, damit wir keine Kopfschmerzen, Schwindel usw. bekommen. In der Nacht kann es zu vermehrtem Schwitzen kommen, weil der Körper sich umstellen muss. Es wird ihm ja kein giftiges „Nikotin“ mehr zugeführt. Aber Aggressionen sollen nicht auftreten, dafür Durst, Mundtrockenheit und ein leicht bleierner Geschmack oder so. In Ordnung, wir sind gerüstet, haben drei Liter Selter dabei.

Auf dem Heimweg sind wir dann aber doch beide sehr gereizt. Es fängt an, als wir dort vom Hof fahren. Das Navi schickt uns links rum, also fahren wir selbstverständlich links rum. Es kommt uns dann aber doch spanisch vor und ich wage es, meinen Senf dazu zu geben. Ein Riesenfehler, ich hätte es doch lieber gelassen. Gemecker und Gemotze von Jürgens Seite. Die gesamte Rückfahrt ist sehr anstrengend, wir trinken wie die Weltmeister, machen Pinkelpausen ohne Ende, kommen in Staus und so weiter. Ich bin verdammt müde, hatte die Nacht vorher kaum geschlafen, dazu kommt das lange Sitzen. Ich kann nicht den ganzen Tag auf meinem dicken Hintern sitzen. Ich brauche Bewegung und die fehlt mir.

Endlich zu Hause haben wir Hunger, Jürgen brät uns Steaks.
In der folgenden Nacht wache ich häufig auf und hätte am liebsten geraucht. Nicht weil ich einen Suchtdruck habe. Nein, das geht wirklich gut. Vor meinem inneren Auge sehe ich die Zigaretten und den Becher Kaffee. Jürgen schläft auch nicht gut. Aber er hält tapfer durch, obwohl er ziemlich stark schwitzt. Das habe ich noch nicht, nur Mundtrockenheit und leichten Drehschwindel. Ist es das wirklich wert?.

Nun haben wir schon fast 24 Stunden durchgehalten und keine geraucht. Ach ja, ich bin doch sehr gespannt ob wir weiter durchhalten. Wir wünschen es uns sehr, keinen Glimmstängel mehr zu brauchen und nicht mopsig zu werden. Fröhlich und gemütlich bleiben, eben einfach so, wie wir es mit Zigarette auch waren.
Die Zeit geht tatsächlich rum. Ich habe ganz schöne Stimmungsschwankungen. Jürgen ist recht fröhlich, will mir dauernd unterstellen, ich hätte eine Zigarette geraucht. Wir lachen dann beide herzhaft. Langsam aber sicher weicht meine gute Laune in Missmut. Ich kann mir nicht vorstellen, so ganz und für immer ohne rauchen leben zu können. Der Abschied von einer geliebten Gewohnheit fällt mir schwer. Doch ich halte durch und will es auch schaffen.
Gemein ist es, dass Jürgen am Spätnachmittag zu mir meint, ich solle ruhig eine rauchen, es nähme mir keiner übel. Nun, wie dem auch sei, damit motiviert er mich in keinem Fall. Trotz setzt ein und mein Kopf sagt mir dann immer wieder:
“Er hat eh` kein Vertrauen in Dich, also warum nicht?“
Der Tag neigt sich und wir sind mächtig stolz auf uns, immer noch ohne Qualm.

Die zweite Nacht schlafe ich wie gehabt und stehe nur zum Pinkeln auf. Nichts Neues bei mir, doch bei meinem Schatz schon. Lustig, dass wir uns in der Nacht nicht treffen, immer zu unterschiedlichen Zeiten aufwachen. Um fünf ist die Nacht für mich zu Ende. Ich trinke Kaffee, greife wie auch gestern ins Leere, es liegen keine Zigaretten da. Gut, es geht auch ohne. Sogar der Kaffee schmeckt, das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Danach vertreibe ich mir die Zeit mit meinen Bildern am PC. Als Jürgen aufsteht gehe ich zu ihm. Geschwitzt hat er auch wieder, doch nicht so heftig, wie in der ersten Nacht. Zum Glück bleibt mir es erspart, denn Schweißausbrüche wären für mich entsetzlich.
Ja, wir sind schon ein wenig stolz. Wir haben den zweiten Tag am Wickel, gute Laune und stopfen uns nicht mit Fressalien voll. Das wollen wir ja auch nicht. Ich habe Jürgen verrückt gemacht, dass ein verlangsamter Stoffwechsel auch dazu beiträgt, Fett anzusetzen. Wie schnell das dann geht, weiß ich allerdings nicht. Ergo werde ich mich erst einmal jeden zweiten Tag wiegen. Heute haben wir Zwei noch unser altes Gewicht auf die Waage gebracht, ein Glück!!!

Am 21.10.2007 um 11.00 Uhr machen wir einen ausgiebigen Spaziergang, selbst mein Jürgen legt einen forschen Schritt an den Tag. Das kenne ich überhaupt nicht von ihm und es bringt mächtig Spaß. Die Sonne scheint wunderbar und die herbstlich gefärbten Blätter sehen prächtig aus. Bleibe ich stehen, um mich ein wenig umzuschauen, werde ich angetrieben. Neue Töne werden somit angeschlagen, macht nichts, ist super. Jürgen schnauft jetzt schon nicht mehr so, wie ich es sonst immer neben mir gehört habe und wir sind erst 51 Stunden rauchfrei.
Vor lauter Stolz zählen wir noch die Stunden, dann werden hoffentlich Tage, Wochen und Monate daraus. Das wäre Spitze, wenn wir durchhalten und keinen Rückfall bauen. Aber wir sind uns einig, wenn es doch so kommt, soll es nicht heimlich geschehen. Meistens wird dann viel mehr geraucht und dem anderen gegenüber wäre es auch nicht fair.

22.10.2007
Gleich ist es 72 Stunden her, seit wir das letzte Mal geraucht haben. Ich bin gespannt wie Jürgen den Tag übersteht. Er hat den Vorteil, nicht allein zu sein und super Ablenkung durch die Arbeit.
Die Stunden ziehen sich wie Gummi dahin, ich greife beim Kaffeetrinken nach links und natürlich ins Leere. Aber, oh Wunder, ich überstehe die Stunden ganz gut. Ha, ich habe nicht nachgegeben und geraucht. Dafür musste der Fußboden dran glauben und eine Kartoffelsuppe habe ich auch gekocht. Hm, ist ja auch lecker, denn der Frost hat uns eiskalt erwischt.
Endlich, Jürgen kommt nach Hause und ist recht fröhlich. Tja, drei Kollegen haben ihn in der Pause eingenebelt und es hat ihm nichts ausgemacht. Boah, ich bewundere meinen Mann. Der hat ja eine Stärke in sich, die ich ihm nie zugetraut habe. Und ich armer Tropf, bin im wahrsten Sinne des Wortes das schwache Geschlecht ohne aber schwach geworden zu sein. Wir klopfen uns gegenseitig auf die Schulter, wir sind schon wirklich gut.

Heute haben wir den 23.10.2007 und es sind 96 rauchfreie Stunden. Es geht uns gut und wir hoffen sehr, dass wir bald nicht mehr die rauchfreien Stunden zählen werden.
Wenn nur die viele übrige Zeit nicht wäre. Ich muss über mich selber grinsen, denke einfach zu viel darüber nach, sollte ich doch wirklich lassen. Mein heutiges Horoskop im Radio „Welle Nord“ sagt aus, dass ich nicht meine Schwächen zu sehr kritisieren, sondern meine Stärken hervorheben soll. Na, da ist dann ja der Tag gerettet.
Bald fahre ich nach Bergedorf, habe eine blöde Untersuchung namens “Myokardszintigramm“. Mal sehen, wie mir dann zumute ist. Vielleicht raffe ich mich auf und lasse meine Haare schneiden, hängt wohl vom Ergebnis der Untersuchung ab. Schiet, ich habe Hunger und darf vorher nicht essen. Ich bekomme ein Kontrastmittel gespritzt und dann rauf auf das doofe Rad.

24.10.2007
Boah, es sind nun schon 120 Stunden geschafft und nach dieser Zeit glaube ich urplötzlich zu wissen, warum es mir schwerer fällt als meinem Mann, den Glimmstängel aus meiner Birne zu bekommen. Ich habe mich immer in Ruhe hingesetzt, eine gepiefelt und den Kaffee dazu getrunken. Scheinbar habe ich mich mit der Zigarette nach getaner Arbeit belohnt. Mein Schatz hingegen merkte oft gar nicht, dass er sich eine nach der anderen angesteckt hat.
Oder ist es eine Ausrede von mir? Ich weiß es einfach nicht.
Gestern Abend und heute Morgen haben wir schon wieder riesigen Spaß gehabt, es treten ja so einige Dinge ein, über die keiner gerne spricht. So eben auch über die Verdauung, die will nicht so wirklich in die Gänge kommen. Na ja, wir haben so unsere Witze darüber gerissen, auch was die Gerüche anbelangt, aber weiter lasse ich mich nicht aus.
Fazit: Wir fühlen uns beide schon ein wenig fitter. Zwar haben wir unseren Rhythmus noch nicht gefunden, insbesondere was den Schlaf anbelangt. Doch es stört nicht weiter und macht uns nichts aus.

Heute habe ich Lutz von unserer Entwöhnung erzählt und siehe da, er hat am 10.11. mit seinem Bruder dort einen Termin. Habe so ein wenig berichtet, aber von den merkwürdigen Düften nicht, ist ja doch ein hochsensibles Thema und muss auch nicht jeder wissen.

25.10.2007
Juhu, es sind mittlerweile 144 Stunden geschafft, ergo sieben Tage oder eine Woche. Soll ich nun in Tagen weiter schreiben oder weiterhin noch in Stunden? Na mal sehen, wie ich es mache.
Klar, diese Woche kam uns schon zugute und die kann uns keiner mehr nehmen. Wir sollten uns weiterhin gegenseitig auf die Schulter klopfen und ein wenig stolz auf uns sein. Es gibt tatsächlich ein Foto von Jürgen ohne Zigarette in der Hand!

Super Jürgen, nun ist es wirklich eine Woche her und die Zweite hat angefangen. Tja, der neunte Tag ist heute, am 27.10.2007.
Doch ich habe nach wie vor zwischendurch das Verlangen zu rauchen, also ganz ohne Durchhaltevermögen und einem starken Willen geht es trotz der Unterstützung nicht.

Gestern Abend habe ich doch herzhaft lachen müssen, ich war im Wohnzimmer und sagte zu Jürgen: “Ich rauche mal eben eine.“. Erst als ich in der Küche stand, es wurde seit fünf Jahren nur dort geraucht, war mir bewusst, was ich gesagt habe. So stand ich ein wenig hilflos oder wie Rudi ratlos da. Macht nichts, habe es ja nicht getan.
Was mir aber am allerbesten gefällt ist, dass wir nach wie vor keine Fressattacken haben. Die Kekse, vielmehr Haselnusswaffeln oder meine geliebten Chips tangieren mich nicht. Besser noch, es geht mir peripher am A…..vorbei, grins!!!
Ja, Zeit habe ich aber wirklich ohne Ende. So habe ich heute um 4.00 Uhr Quitten geschnitten und in den Entsafter gefüllt. Haltet mich bitte nicht für verrückt, ich bin es nicht, bin Frühaufsteher seit eh`und je. Seit gestern bin ich dabei, Quittensaft herzustellen. Das Schneiden war wohl ein wenig laut, ratsch, ratsch… Jürgen kam jedenfalls verschlafen aus dem Schlafzimmer, hat einen Kaffee getrunken und meinte nur, es wäre ihm noch zu früh. Kann ich verstehen, wenn man lieber länger schlafen mag. Ich für meinen Teil bin der Morgenmensch, was ich am Morgen nicht schaffe, schaffe ich am Nachmittag nimmer mehr. Trifft hundertprozentig auf die Hausarbeit zu. Sie muss sein, ist nicht mein Hobby und noch weniger meine Lieblingsbeschäftigung.
Also, das gemütliche Sitzen mit Kerzenschein, so früh am Morgen haben wir auch beibehalten. Es wäre auch ein Jammer, wenn nicht. Genauso unsere Fröhlichkeit. Nichts ist schlimmer, als ein griesgrämiger Exraucher. Die haben wir reichlich kennen gelernt und kein Verständnis dafür aufbringen können.
Heute müssen wir dann auch mal wieder auf die Waage hüpfen, bin gespannt, was sie wohl so anzeigen wird. Nun glaubt aber bitte nicht, dass ich einen Suchtwechsel habe und magersüchtig werde.
Ach ja, der Knoten in meinem Kopf wird sich auch noch lösen und peu à peu werde ich meiner liebgewonnen Sucht weniger nachweinen. Jürgen ist nach wie vor taffer als ich. Er meint, er denkt schon immer weniger daran. Schiet, woran es liegen wohl mag?
So, nun muss ich mich aber um meine Saftbar kümmern. Morgen ist ja wieder einTag und ein früher Morgen.

Am 02.11.2007 sind vierzehn Tage vergangen. Ich bin seit einer Woche wahnsinnig stark erkältet und habe das Gefühl unter einen Trecker gekommen zu sein. Mir schmerzt die Wirbelsäule, dazu kommen unendliche Kopfschmerzen. Ich jammere dem Glimmstängel hinterher und habe das Gefühl, ich schaffe es nicht.
Siehe da….ich habe mir um 7.30 Uhr eine angesteckt! Lecker, der Geschmack auf der Zunge und der Geruch. Schiete, was mache ich da, verdammt….also, ich halte sie sofort unter Wasser und werfe sie weg. Spüle meinen Mund und habe ein tierisch schlechtes Gewissen. Wir sind am Renovieren und da sollte ich nicht mehr auf die Idee kommen, eine piefeln zu wollen.
Ich hatte zuerst alles leer geräumt. Oh man, was für ein Schiet man doch so hat. Mit den Büchern fing ich an, und packte gleich welche für den Flohmarkt in einen extra Karton. Als Jürgen am Nachmittag kam, war nicht einmal Zeit für eine Tasse Kaffee. Zuerst kamen die Schränke auf den Flur und voller Graus stellte ich fest, dass ich die kleinen Schubladen noch nicht leer geräumt hatte. Bei Jürgen… Null Chance, es nachzuholen. Ohne die Tische, das Sofa und den Sessel abzudecken fing er an, die Tapeten von der Wand zu reißen. Ohje, war ich sauer und gleich ging mir wieder die Zigarette durch den Kopf.
Wie man lesen kann, schreibe schon nicht mehr jeden Tag, da ich einmal die Zeit dafür nicht habe und komplette vier Tage nicht an den Rechner konnte.
Das war am letzten Wochenende, da hatten wir den 09.11. und erst seit gestern ist der Rechner wieder am Netz. Lustig, wie es sich anhört „am Netz“, wie ein Kraftwerk. Heute, am 13.11. habe ich den Teledat (zum faxen) usw. wieder installiert.
Ganz fertig sind wir immer noch nicht mit den Renovierungsarbeiten. Doch soweit, dass die Tapeten an den Wänden sind. Nun heißt es weiter aussortieren. Einig sind wir uns darüber, dass wir, wenn wir noch Raucherpausen gemacht hätten, noch nicht so weit gekommen wären. Also was sagt uns das? Auch in dieser Beziehung nur Vorteile.
Aber so ganz ohne den Gedanken an die Zigarette sind wir noch nicht. Freitag hat Jürgen mir gebeichtet, hätte er beinahe eine geraucht. Das tat mir natürlich gut, da ich diese Gedanken ja auch noch habe.
Lutz war am 10.11. mit seinem Bruder in Rhaudafehn und seine Frau Bärbel schrieb mir in einer Mail, dass es ihm sehr schwer fällt. Meinen Bericht, den ich Lutz als Anhang zur Ermunterung gesandt habe, fand sie Klasse. Über dieses Lob habe ich mich sehr gefreut.
Lutz schrieb mir, es macht Mut und Angst zugleich. Bärbel drückt uns die Daumen, dass wir durchhalten. Das finde ich total lieb von ihr.
Heute glaube ich, dass Jürgen und ich im Vorteil gegenüber Lutz sind, da wir Leidensgenossen sind. Sicher wird Lutz alle erdenkliche Unterstützung von Bärbel bekommen. Doch so wirklich nachempfinden kann sie den Leidensdruck nicht. Bärbel hat es nämlich wirklich gut, sie hat nieeeeeeeeeee geraucht!!!

Na, geht doch oder etwa nicht?! Die Abstände werden immer größer, dass ich mein oder unser Elend mit dem nicht mehr Rauchen niederschreibe. Aber einmal ganz ehrlich, die Abstände sind entstanden, weil ich immer weniger an die Zigarette denke. Dadurch gerät mein schönes Protokoll ins Hintertreffen. Doch es macht ja nichts, ist ja besser so als anders, nicht wahr?

Heute haben wir den 18.11.2007 und wir sprechen schon von Wochen und nicht mehr von Stunden und Tagen, die wir geschafft haben.
Lutz hat mir gemailt, dass es ihm sehr schwer fällt, doch er will durchhalten. Aber uns wurde ja gesagt, wenn wir uns zu sehr quälen, sollen wir eine rauchen und uns sofort bei Frau Plümer in Rhaudafehn melden. Ich war auch schon kurz davor, so nach zwei Wochen. Zwar war der Griff nach links, wo immer meine Zigaretten lagen, schon nicht mehr da und dennoch hätte ich hier und da gerne einmal wieder geraucht.

Gestern Nachmittag war auch so ein Tag, wie aus dem Nichts kam der Wunsch ... Blöde was?! Im Treppenhaus stinkt es nach Rauch. Oh ja, da lest ihr richtig. Ich habe geschrieben „stinkt“! Im Flur wurde von den unteren Mietern vor fast zwei Jahren so eine Art Raucherzimmer eingerichtet.

Am Samstag, den 24.11.2007 hatten wir den zweiten Tag in der sechsten Woche am Wickel. Die Sonne schien, wir waren gut gelaunt, lachten und scherzten rum. Gegen Mittag sind wir in die Feldmark gegangen, das war so richtig toll. Wir haben unheimlich viele Baumpilze an den geschlagenen Baumstümpfen gesehen. Wir sind Richtung Oldershausen gegangen, da hat Torsten ein Grundstück, auf dem allerlei Laubbäume stehen. Dieses Grundstück hat er selbst aufgeforstet. Wer mit Holz heizt, kann dort gut pfündig werden. Damit meine ich nicht die gekennzeichneten Baumstücke, die sind verkauft. Es liegt dort noch so viel einfach auf dem Grundstück rum. Ist ja auch nicht so gut für die Kleingewächse oder?

25.11.2007
Es ist so heftig mit mir, meine Laune läßt mehr als zu wünschen übrig. Habe doch glatt das Gefühl, meine Lebensqualität ist gleich null. Bin fett und unästhetisch, dem nicht genug, auch all die Falten in meinem Gesicht…..eben Knitterface.
Hängt es wirklich nur mit dem Nichtrauchen zusammen? Ich weiß es einfach nicht mehr. Um mir nicht die Haare zu raufen, könnte ich mir glatt eine Glatze schneiden. Nun mal ehrlich, es ist so ungerecht. Da gibt man das eine Laster auf und fängt sich die nächste Unzulänglichkeit ein. Nämlich die Fettsucht, das kann es doch auch nicht sein. Mein Schatz hat stolze drei Kilo zugenommen. Ich schreibe meine Zunahme mal lieber nicht als Zahl. Bei mir zeigt die Waage immer noch das gleiche Gewicht an. Das kann aber nicht stimmen, ich bin aufgedunsen, habe Fettkringel auf den Hüften. Wie kann das so schnell gehen, obwohl ich den Tag über keine feste Nahrung, außer Obst, zu mir nehme? Keine Chips, nichts Süßes und am Abend zwei Scheiben Brot. Ob diese auch zu viel sind, sollte ich lieber nur Tee trinken? Spielen ggf. auch die Wechseljahre mit hinein? Agressiv, depressiv und lachen mischen sich in rasanter Schnelligkeit bei mir. Man stelle es sich vor, als hätten wir das klasische Aprilwetter. Ja doch, dieser Vergleich gefällt mir und trifft auch zu.

Heute möchte ich wieder einmal nur allzugerne rauchen. Das Wetter ist belämmert, wir sind drei Schritte gegangen und haben gleich den nassen Mors bekommen. Nun hängen wir im Wohnzimmer ab, können mit uns und der Welt nicht wirklich etwas anfangen. Ich höre im Hintergrund Gezappe. Da sitzt Jürgen, geht seiner Lieblingsbeschäftigung nach und er ißt schon wieder. Aber was, vielleicht dieses Mal Obst? Oh nein.
Gestern ist der Süße doch tatsächlich los gefahren und hat Kekse gekauft. Ich sagte ihm nur ganz bissig, ich würde auch gerne Chips essen, aber ich fahre dafür nicht los: Er ist gefahren und siehe da, Chips hat er auch mitgebracht. Ein Glück nur die, die ich nicht am liebsten esse, sonst wäre die Tüte sicherlich leer gewesen. So aber ist sie noch verschlossen im Schrank. Ein paar Kekse habe ich mir dann allerdings auch genehmigt.
Als wir draußen waren meinte Jürgen, ich will ihn zum Rauchen animieren, damit ich dann auch wieder qualmen kann. Keine schlechte Idee oder? Denn dann wäre ich nicht diejenige von uns beiden, die zuerst nachgegeben hat.
Sicher überlegt ihr, wie er darauf kommt oder? Es liegt auf der Hand, es sind meine wilden Träume, die ich ihm dann auch prompt erzähle.
So saß ich letzte Nacht auf dem Flur, gemütlich bei Kerzenschein mit meinem Kaffee und habe geraucht. Von dort geht eine, wenn auch sehr dreckige, Abstellkammer ab. Dort habe ich einen Heizlüfter angeschlossen. Er braucht eine Steckdose und die ist dort eben vorhanden. Der Rauch soll doch nicht in unsere frisch renovierte Wohnung ziehen. So habe ich mir im Traum meine Gemütlichkeit, die mir doch so sehr fehlt, geschaffen. Ob ich denn auch geraucht habe, tja….dies vermag ich nicht zu sagen, denn da war ich plötzlich wach und in meinem Bett, so ganz ohne Kerzenschein. Stockgunkel ist es gewesen und die Uhr zeigte 4.30 Uhr an. Es ist nicht ungewöhnlich, um diese Uhrzeit bin ich eigentlich immer wach, das hat mit dem Nichtrauchen nichts zu tun.
Gegen 11.00 Uhr sind wir mal nach Oldershausen zu Klaus gefahren. Leider haben wir niemanden angetroffen. Nun wollten wir ein wenig in der Feldmark laufen, doch mein Schatz war aus Zucker und die kleinen Regenschauer haben ihn gestört. Der Ärger zwischen uns war vorprogramiert. Ich verstand ihn nicht, doch er schrie mich an, er hätte keine Lust naß zu werden. Insgesamt ist Jürgen sehr bewegungsfaul und nutzt jeden Grund, seinen Hintern auf dem Sofa zu lassen. Ich war jedenfalls fix maulig und setzte mich an den PC.
Um 13.00 Uhr hielt ich es in der Bude nicht mehr aus und mußte einfach raus, an die frische Luft. Ich zog mich um und schnappte mir meine Kamera. Tatsächlich hat es sich gelohnt, denn ich habe ein paar wunderbare Fotos gemacht und mein Seelenleben war wieder im Lot.
Die sechste Nichtraucherwoche verlief immer noch ein wenig wie eine Berg- und Talbahn ab. Kennt ihr das noch aus der Jugendzeit, Knöpfe oder Blütenblätter abzählen? Er liebt mich, er liebt mich nicht ...
So war es mit dem Rauchen, soll ich oder soll ich nicht. Ich habe es eine weitere Woche ohne geschafft. Jürgen ist irgendwie süß, er bedauert mich, dass ich zwischendurch leide und bietet mir an, noch einmal nach Rhaudafehn zu fahren. Er hat meine Bewunderung, ihm macht es kaum noch etwas aus, auf die Zigarette zu verzichten.

Seit gestern weiß ich, es ist nicht so, wie mein Schatz es mir verkaufen will.
01.12.2007, die siebte Woche rauchfrei und wieder einmal Wochenende. Der Morgen verlief friedlich und wir waren lustig, lachten herzhaft, alles war im Lot. Nach dem Frühstück fuhr mein Schatz zu seiner geliebten Mutter, sie hatte Probleme mit der Heizung und momentan war mal wieder jeden Tag etwas anderes. Dabei hat sie nur ein paar Alterswehwehchen und mehr nicht.
Inzwischen kam Irina, meine neue Hilfe für den Haushalt. Wir klönten und ich zeigte ihr alles. Dann kam mein Schatz nach Hause. Geplant für diesen Tag war, Wochenzettel zur Firma bringen, zu Astrid nach Salzhausen fahren und Kerzen kaufen. Dann nach Lüneburg zum Weihnachtsmarkt. Also los.
Es stürmte recht heftig und irgend etwas knallte an unser neues Auto. Ich sagte: “Halt mal lieber an, nicht dass wir gleich einen Lackschaden melden müssen“. Das war zuviel für ihn und endlich konnte er mich mal wieder anschreien. Das macht er, seitdem wir nicht mehr rauchen. Jedes Wochenende sucht er ein Ventil, weil ihm nämlich das Nichtrauchen noch genauso schwer fällt wie mir. Und so ohne Arbeit, fehlt ihm die Fluppe. Doch was macht er? Anstatt sich hier zu Hause auszutoben, schiebt er sich ununterbrochen alles Essbare in den Mund. Von wegen, er ist ohne Zigarette glücklich. Das mit dem Futtern war mir zuerst nicht so aufgefallen, scheinbar war ich noch zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Heute werde ich ihm aber sagen wie ich es sehe. Wetten, er geht dagegen an?
Als er mich so angeschrien hat, da hätte ich auch glatt wieder eine rauchen können. Tja…leider bin ich noch nicht so weit. Ich wäre es wirklich sehr gerne.
Nur Mut, allen, die das Rauchen auch aufgeben wollen. Wir halten durch und sind hart im Nehmen.

Haben wir durchgehalten? Ihr könnt es nachlesen. "Drei Jahre danach".