Ein kleines Grundstück, umsäumt von Birken, dahinter viele Tannen, die hoch in den Himmel ragen. Eine kleine Hütte, aus Palettenholz liebevoll selbst gebaut. Wir hatten damals wenig Geld, wir waren jung. Es konnte kein besonderes Holz sein.
Vier kleine Fenster an der Längsseite eingebaut. Wunderschöne Gardinen, mit kleinen Blümchen drauf. Sie machen die kleine Hütte so warm. Sie hängen noch, aber mürbe vom Alter. Es sieht gemütlich aus, trotz allem. Braunes, grobes Holz, aber warm. Es ist sehr dunkel. Die Fenster sind braun. Die Gardinen im Grund weiss.
Ich will durch die Tür. Sie ist grün gestrichen, hat ein Muster aufgemalt. Ich habe es gemalt. Viel Zeit hat es gebraucht, aber ich mag es. Es ist Bauernmalerei. Rosen eingebettet. Sie leuchten in dem Sonnenstrahl, der auf sie fällt. Goldumrandet der Blütenregen. Ich rieche Verlassenheit. Ich rieche Einsamkeit. Einsam, wie die Hütte mitten im Wald.
Birken sind da, weil kleine Seen an das Grundstück grenzen. Ich fühle die Stille, ich schmecke Tannen. Hier war ich mal glücklich. Es ist alles noch da, zwei kleine Sofas links und rechts. Dazwischen ein kleiner Tisch. In diesem Moment sehe ich in Gedanken eine Wanne darauf stehen. Hier habe ich meinen kleinen Sohn darin gebadet. Ich höre seine Wonne, wie gut es ihm getan hat. Ich spüre die Wärme, die diese kleine Hütte einmal gab.
Rechts ein kleiner Durchlass. Hier ging es eine Stufe hoch zum umbauten Wohnwagen. Klein ist er, aber er war gemütlich. Eine Welle von Modergeruch schlägt mir entgegen. Ich stehe und falle in Erinnerungen. Links waren die Sitzplätze mithilfe des Tisches zum Schlafplatz umgebaut. Hier habe ich so manche Nacht allein mit meinem kleinen Sohn schlafend verbracht. Eng umschlungen, wenn arge Gewitter über uns niederschlugen. Angstvoll und doch interessiert. Helle Blitze, starkes Donnern. Es gehörte zusammen. Die Hütte und wir.
Ich wache auf. Finde auf dem Bett ein kleines Stofftier. Ein kleiner Bär. Ich lächle erst. Dieser Bär gehörte einmal meinem Sohn. Lang ist es her. Viele Jahre. Eine Träne tropft jetzt auf den Bären. Erinnerungen tun manchmal weh. Ich reisse mich aus den Erinnerungen. Drehe mich um, als möchte ich sie abschütteln. Es ist gewesen. Es ist nicht mehr.
Ich gehe wieder in die eigentliche Hütte. Ein alter Wandteppich hängt noch an vier Schlaufen an der Wand. Höre noch die Worte einer alten Frau, meiner Oma, wie sie fragte, ob ich ihn gebrauchen könne. Es ist eine Waldlandschaft darauf gestickt. Sie sagte noch, dass er vielleicht sich dort gut machen würde. Ja, das tat er auch. Meine Oma ist schon lange tot.
Mein Blick wandert weiter umher. Eine kleine Kochecke. Hier stand einmal ein zwei-Platten-Kocher. Ja, hier liess es sich gut kochen. Ich denke noch an meinen Nachbarn. Er war Vertreter für stilles Wasser. Ich brauchte niemals Trinkwasser zu besorgen. Er versorgte uns regelmässig mit Vorrat. Alles kochte ich damit, auch Kartoffeln.
Es riecht unangenehm. So verlassen. Tränen laufen. Es war so schön hier. Ich sehe noch meinen kleinen Sohn barfuß draussen auf dem Weg laufen. Er kam kaum voran, aber er wollte barfuss sein. Er liebte das. Nachbarn schüttelten immer den Kopf. Aber der kleine Bengel zog sich immer wieder die Schuhe aus und lief los.
Ich drehe mich um, will gehen. Doch die Gedanken hören nicht auf.
Weihnachten, wie es jetzt bald sein wird. In der einen Ecke der Hütte stand zu Weihnachten immer ein kleiner Baum. Nein, nicht hier aus unserem Wald. Ich habe ihn mit Wurzeln gekauft. Wie jedes Weihnachten. Ich konnte ihn immer wieder einpflanzen. Manchmal schaffte er es nicht, aber wenn er geschlagen wäre, wäre er auch tot. So hatte er immer eine Chance. Sogar Besuch, der zu uns kam, fühlte sich hier wohl. Es war so klein, aber so warm. Wehmut erfüllt mich.
Ich wollte dich niemals hergeben meine Hütte, denke ich. Aber ich musste. Ich fange an zu lächeln. Ja, ich werde dich in Erinnerung behalten. Die Erinnerung, was du uns bedeutet hast. Ich würde dich gerne wieder haben, doch ist es unmöglich. Du fällst bald einer Strasse zum Opfer. Vielleicht ist es kein Opfer und diese Strasse bedeutet für den kleinen Ort, der nicht weit ab liegt, eine Erleichterung, ein besseres Erreichen. Ich wünsche mir, dass es nicht umsonst sein wird, dass du gehst.
Du Hütte, du Erinnerung ....
Ich muss gehen. Ich gehe aus der Tür. Möchte sie schliessen, doch auch das geht nicht mehr.
Ja, du bist alt geworden Hütte, sag ich ganz leise.
Ich streichle das Holz und gehe. Nein, ich schau mich nicht mehr um. Nein, ich habe Abschied genommen.
Ich sage ganz leise ciao .....