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Der kleine Bär Albin

von Yvonne Renner

Dieser Morgen war sonnig und klar. Die Märzsonne hatte schon genug Kraft, um sich gegen die Wolken durchzusetzen. Es wurde Frühling.
Albin, der kleiner Braunbär, erwachte aus seinem Winterschlaf. Er rieb sich die Augen, gähnte noch einmal laut und schaute durch die Höhlentür. Geblendet vom hellen Licht der Sonne, musste er erst einmal kräftig blinzeln, bevor er seine Umgebung klar und deutlich sehen konnte. Nachdem er alles um sich herum angesehen hatte, tapste und hüpfte er zurück in die Höhle und stupste seine Mutter an, um sie zu wecken.
"Mama, wach auf, der Frühling ist da!"
Mama Bär öffnete langsam ihre großen braunen Augen, sah in das Gesicht ihres Sprösslings und nahm ihn in den Arm.
"Na Albin, hast du gut geschlafen?"
"Ja, das habe ich“ antwortete Albin und wollte sich schon auf und davon machen, um den Morgen mit Spielen zu verbringen. Doch Mama Bär hielt ihn auf, küsste und schleckte ihn ab. Das gefiel Albin gar nicht, doch Mama Bär bestand darauf, dass er nicht ungewaschen die Höhle verließ. Kurz darauf, sprang er gewaschen und gestriegelt aus der Höhle, während sich Mama Bär noch einmal Schlafen legte. Sie schlummerte noch ein wenig, stand nach einer Weile aber auch auf. Die Sonnenstrahlen erwärmten langsam den Innenraum der Höhle und brachten mit ihrem Licht die eine und andere Spinnenwebe zum Vorschein, was Mama Bär gar nicht gefiel. Sie begann sogleich mit dem Hausputz, denn auch eine Bärenhöhle sollte sauber sein.
Der kleine Bär Albin lag derweil auf der Plattform vor der Höhle und träumte vor sich hin. Der Himmel strahlte in einem klaren Blau und um ihn herum wirbelten leise ein paar Blätter, die durch eine laue Frühlingsbriese von den Bäumen fielen. Er fühlte sich richtig wohl. Er liebte es den Blumen beim Wachsen und den Bienen beim Pollen sammeln zuzusehen und dabei dem Gesang der Vögel zu lauschen. Hier und da hörte man das Klopfen eines Spechtes, der auf einem Baum saß und auf die Rinde einhämmerte. Diese fröhliche Geräuschkulisse klang in seinen Ohren wie ein Frühlingskonzert, als er plötzlich durch die Eichhörnchen Fritz und Fratz aus seinen Träumen gerissen wurde.
"Hallo Albin! Wir dachten schon das Du den Frühling verschlafen wolltest" sagte Fritz. Fratz stand daneben und nickte seinem Zwillingsbruder beipflichtend zu. Albin fuhr sich mit den Tatzen über die Augen, schüttelte sich und atmete tief durch.
"Hallo Freunde! Ihr habt mich vielleicht erschreckt."
"Was liegst Du hier auf der faulen Haut? Lass uns was unternehmen" sagte Fritz, der von den Zwillingen der ausgeflipptere war. Fratz war eher der ruhige und folgte seinem Bruder ohne große Widerworte überall hin.
"Gut, was hast du vor?" fragte Albin und wartete gespannt auf die Antwort.
"Lasst uns zum Fluss hinunter gehen" schlug Fritz vor. Fratz nickte wieder einmal nur zustimmend. Albin antwortete.
"Ja, lasst uns gehen" antwortete Albin und so machten sich die drei Freunde auf den Weg zum Fluss.

Nachdem Mama Bär mit dem Großputz fertig war, ging sie zum Höhlenausgang und bestaunte die Vielfalt der Blumen und was sich sonst noch den Winter über in ihrem Revier verändert hatte. Von Weitem sah sie bereits dunkle Wolken am Horizont aufziehen und hielt nach ihrem Sprössling Ausschau, konnte ihn aber nicht sehen.
'Hoffentlich ist er vor dem Regen wieder daheim.' dachte sie.

Die drei Freunde tollten in ihrem Übermut in Richtung See und übersahen dabei die dunklen Wolken, welche sich über ihnen zusammenbrauten. Erst als die Wolken die Sonne verdunkelten, bemerkten sie das herannahende Unwetter. Albin erfasste die Situation am schnellsten und forderte seine Freunde auf, einen Unterschlupf zu suchen. Fritz kletterte auf den Baum zu ihrer linken und Fratz auf den rechten. Von den Baumspitzen schauten sie nach einem geeigneten Unterschlupf, als Fratz laut aufschrie.
"Hilfe! Eine Biene!"
Blitzschnell hielt er sich an einem Ast fest und landete nach einem dreifachen Salto mit seiner Nasenspitze direkt vor dem Eingang eines Bienennestes.
"Bleib ruhig, dann stechen sie dich nicht!" rief Fritz seinem Bruder vom anderen Baum zu. Albin suchte bereits einen langen Stock, mit dem er seinem Freund zur Hilfe eilen und das Bienennest vom Baum herunter holen wollte. Es dauerte nicht lange, da hatte er den richtigen gefunden. Er stellte sich auf seine Hinterbeine und versuchte das Nest vom Ast abzubekommen. Doch durch seine Unerfahrenheit und die damit verbundene Ungeschicklichkeit, traf er erst Fratz und dann das Bienennest. Fritz der inzwischen auf den Baum seines Bruders gewechselt war, kam gerade noch rechtzeitig um seinen Bruder aufzufangen, der vor Schreck den Ast los ließ, an dem er sich festgehalten hatte.
Das Nest dagegen fiel Albin direkt vor die Füße. Die Bienen strömten aus ihm heraus und versuchten sofort den Störenfried zu vertreiben. Albin rannte nach dem ersten Bienenstich wie vom Blitz getroffen in Richtung Fluss davon. Die Bienen verfolgten ihn. Fritz und Fratz nahmen das leere Bienennest an sich und liefen ihrem Freund in sicherem Abstand hinterher.
Nach kurzer Zeit, die Albin aber wie eine Ewigkeit vorkam, grollte es am Himmel. Die Bienen drehten erschrocken ab und flogen davon. Albin, der sein Glück kaum fassen konnte schnaufte erst einmal kräftig durch, als Fritz und Fratz aus dem Dickicht gerannt kamen. Sie freuten sich, das keiner von ihnen größeren Schaden erlitten hatte. Bis auf die Bienenstiche, die Albin einstecken musste. Doch die Freude währte nur kurz, denn dem nächste Grollen folgten die ersten Regentropfen. Fratz blickte sich um.
"Da vorn ist ein Felsvorsprung, da können wir uns unterstellen!" rief er. Die drei Freunde liefen zu dem Felsen, während die ersten riesigen Tropfen auf die Erde fielen.

Mama Bär stand im Höhleneingang und wartete auf ihren Albin, der weit und breit nicht zu sehen war.
'Hoffentlich hat er rechtzeitig einen Unterschlupf gefunden.' dachte sie und lief unruhig hin und her.

Albin lag naschend mit dem Rücken an die Wand gelehnt und beobachtete, wie der Regen langsam aufhörte und die Sonne die Wolken langsam auseinander trieb. Fritz und Fratz spielten derweil fangen, um sich die Zeit zu vertreiben. Als der Regen endgültig aufgehört hatte, stand Albin auf.
"Lasst uns nach Hause gehen, meine Mama macht sich bestimmt Sorgen."
Fritz und Fratz nickten kurz und die drei verließen ihren neuen Lieblingsplatz.

Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolken schienen, machte sich Mama Bär auf die Suche nach ihrem Sohn. Sie konnte ja nicht ahnen, dass Albin bei dem Unwetter nichts passiert war. Auf halbem Weg zum Fluss hörte sie das laute Lachen von Albin und den Eichhörnchen Fritz und Fratz und lief ihnen freudig entgegen. Als Albin seine Mutter erkannte, lief er schnell zu ihr. Sie fing ihn mit ihren großen kräftigen Armen auf, drehte sich mit ihm mehrmals im Kreis und freute sich, dass Albin und seinen Freunden nichts passiert war.