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Weihnachten am FLughafen?

von Swantje Kuhlmann

„Na los, wir verpassen sonst unseren Flieger noch!“
Es war der 23.12. 15:05 Uhr in Chicago, Illinois, und wir waren, wie jedes Jahr, auf dem Weg zum Flughafen um nach Deutschland zu unseren Familien zu fliegen. Und wie jedes Jahr war immer noch nicht klar, ob wir zuerst zu meiner Familie nach München, oder zu der Familie von Johann, meinem Mann, nach Flensburg fahren wollten.
Der Flug sollte um 16:00 Uhr den Flughafen verlassen und wir waren noch im Auto, im dichten Verkehr der amerikanischen Großstadt. Wie sollten wir jemals pünktlich ankommen?
Seit 10 Jahren lebten wir nun hier, und nie, NIEMALS waren wir so spät wie an diesem Donnerstag.
Endlich, nach langen 20 Minuten kamen wir am Flughafen an, bezahlten den Taxifahrer und rannten hinein.
„Wo müssen wir hin?“
Johann war noch ganz entspannt, im Gegensatz zu mir.
„Gate 16! Beeil dich!“ rief ich ihm im Laufen zu.
Ich hätte genauso gut mit einer Wand reden können! Und so kam ich natürlich vor ihm am Gate an.
„Guten Tag, Marianne und Johann Rösch, wir haben den Flug nach Frankfurt a. M. online gebucht“, sagte ich leicht schnaufend zu der Dame.
„Ja, lassen Sie mich nachgucken…. Ah, ja, genau, ähm, dann hätte ich gern einmal ihre Reisepässe, und äh, ihre Tickets.“
Wie hätte es anders sein sollen? Die Dame war ein Mitglied der Spezies „Homo Sapiens Langsam“.
Nach weiteren 10 Minuten durften wir endlich weiter zur Sicherheitsschleuse. Glücklicherweise gab es keine Schlange, wir konnten direkt durch, ohne große Probleme.
Das Boarding hatte, wie es zu erwarten war, schon lange begonnen, aber trotzdem stand dort noch eine große Menschenmenge. Was war da los?
„Es tut uns sehr leid, da muss wohl ein Fehler aufgetreten sein, das Flugzeug ist voll!“, erklärte eine Stewardess den aufgeregten Menschen.
„Aber wir haben doch gebucht!“, rief eine Frau.
Ein Herr mit hochrotem Kopf schrie: „Ich will da jetzt rein, ich muss heute noch nach Deutschland kommen!“
Es war ein einziges Wirrwarr.
Endlich kamen auch wir nach vorne, um der Stewardess unsere Tickets zu zeigen.
„Es tut mir leid, ihnen das mitteilen zu müssen, aber irgendetwas ist mit unseren Computern falsch gelaufen, nun sind alle Plätze doppelt besetzt, also auch ihrer. Und da Sie so spät sind, haben wir nun nicht mal mehr einen Platz frei. Es tut mir leid!“.
Wie bitte? Ich musste mich wohl verhört haben? Oder war es nur ein schlechter Scherz der Fluggesellschaft?
„Wollen Sie sich hier einen Spaß mit uns erlauben? Wo sind die Kameras?“, fragte Johann entgeistert.
„Es tut mir leid!“, wiederholte die Stewardess, „Aber ich muss Sie jetzt bitten zurück in den Warteraum zu gehen, es ist bereits 16 Uhr.“
Mit diesen Worten ließ sie uns stehen.
Nun hieß es, schnell zurück am Gate zu sein, um nach anderen Möglichkeiten zu fragen.
Doch es gab keine Chance, jeder Flug war voll, der nächste würde erst am 27.12. gehen. Zu spät!
So hatten wir keine andere Möglichkeit, als zurück nach Hause zu fahren und von dort aus unsere Familien anzurufen.
Es war ein sehr trauriger Heiliger Abend, und auch der erste Weihnachtsfeiertag war nicht gerade in der festlichen Stimmung, die wir sonst gewohnt waren.
Abends im Bett meinte ich zu Johann, dass ich doch morgen einfach schon wieder arbeiten gehen könnte, Polizisten brauchte man schließlich immer.
Doch es kam alles anders.
Nachts um 5 Uhr klingelt es plötzlich an der Tür. Wer konnte das bloß sein?
„ÜBERRASCHUNG UND FROHE WEIHNACHTEN“ schallte es mir entgegen, als ich die Tür öffnete.
Da standen sie vor uns, jedes Mitglied unserer Familien, mit Koffern und Geschenken.
Ich rieb mir die Augen. Träumte ich? Nein! Sie waren wirklich da!
Es war das beste Weihnachten, das ich je in meinem Leben hatte!